Effizienz der Märkte
Vergleichen Sie die Marktreaktionen auf die Ergebnisse zweier Unternehmen:
1. Ein Softwareunternehmen: Das Unternehmen meldete ein Umsatzwachstum von 11% (leicht unter der Prognose) und ein Gewinnwachstum von 44% (deutlich über der Prognose). Obwohl die Prognosen für Umsatz (+7-8%) und Gewinn pro Aktie (+10-11%) unverändert blieben, lagen sie nicht am oberen Ende der bisherigen Prognosespanne. Der Aktienkurs brach daraufhin während einer Börsensitzung um 20% ein. 2. Ein Lebensmittel- und Kfz-Einzelhändler: Das Unternehmen verzeichnete einen Rückgang des Quartalsumsatzes um 2% sowie einen Rückgang des Gewinns pro Aktie um 23%. Es wurden keine Prognosen abgegeben. Stattdessen verwies das Unternehmen auf das sich verschlechternde makroökonomische Umfeld und die restriktivere Finanzpolitik, die die Kaufkraft der Verbraucher weiter belasten und künftige Erträge gefährden könnten. Trotz dieser negativen Ergebnisse sank der Aktienkurs nach der Veröffentlichung nur um 0.74%.
Das Softwareunternehmen ist an der Nasdaq notiert und heisst Salesforce, während das Einzelhandelsunternehmen an der Nasdaq Baltic gehandelt wird und Tallinna Kaubamaja heisst. Der grosse Unterschied in den Marktreaktionen verdeutlicht die Unterschiede zwischen diesen Aktienmärkten. Der US-Markt, der von algorithmischem Handel, vorausschauender Analyse durch hochkarätige Experten und extremer Kontrolle durch die Marktteilnehmer bestimmt wird, ist hochsensitiv. Im Gegensatz dazu sind die baltischen Märkte vergleichsweise unterentwickelt, mit minimaler Abdeckung und passivem Anlegerverhalten. Beide Märkte zeigen jedoch irrationales Verhalten, indem sie entweder auf fundamentale Faktoren über- oder unterreagieren. Im Laufe der Zeit bewegten sich die Aktienkurse beider Unternehmen auf ihren fairen Wert zu. Die Aktie des Softwareunternehmens machte ihre Verluste innerhalb von sechs Monaten wieder wett und entwickelte sich besser als der Markt. Der Aktienkurs des Einzelhandelsunternehmens setzte seine schrittweise Talfahrt fort, wenn auch in bescheidenem Tempo. Wir lassen den baltischen Markt beiseite und konzentrieren uns in diesem Artikel auf den US-Markt, der in den letzten Jahren erhebliche Veränderungen erfahren hat.
Markt- vs. Aktien-Volatilität
Die Volatilität einzelner Aktien stieg im Jahr 2024 deutlich an, insbesondere im Technologiesektor und bei den meistgehandelten Titeln (siehe Abb. 1). Marktweite Daten bestätigen diesen Trend: Die Volatilität übertraf 2024 die Werte von 2023 sowie der Vorjahre, selbst im Vergleich zu erratischen Phasen, die durch globale Ereignisse ausgelöst wurden. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Gesamtmarkt keine anhaltend erhöhte Volatilität aufwies, abgesehen von einer kurzen Panikphase im August, nach der sich der Index rasch erholte (siehe Abb. 2).
Abbildung 1: Aktienvolatilität der Komponenten des S&P 500
Abbildung 2: Volatilität des S&P 500 Index
Earnings Calls (Gewinnberichte) und makroökonomische Dinge
Diese anormale Volatilität auf Aktienebene ist hauptsächlich auf Fortschritte bei Handels- und Analysewerkzeugen zurückzuführen, insbesondere auf solche, die auf Algorithmen und Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. Finanzunternehmen, die Sell-Side-Analysen anbieten, haben ihre Investitionen in Marktabdeckung und die Entwicklung fortschrittlicher Analysetools deutlich erhöht. Dabei ist eine Erweiterung der abgedeckten Universen auf europäische Small-Cap-Unternehmen sowie asiatische Unternehmen zu beobachten. Zusätzlich bieten alternative Quellen wie Tegus und Alpha Value nun fundierte, faktenbasierte Expertenmeinungen an, was die Qualität der den Marktteilnehmern zur Verfügung stehenden Informationen weiter verbessert.
Es wird immer schwieriger, sich eine klare Meinung zu bilden, ob man kaufen, verkaufen oder halten soll. Häufig kommt es vor, dass grosse Brokerfirmen am gleichen Tag widersprüchliche Empfehlungen abgeben, indem eine Firma eine Aktie hochstuft, während eine andere sie herabstuft. Diese Divergenz führt zu erheblichen Kursschwankungen und verstärkt die Marktvolatilität.
Vor allem die Bekanntgabe von Unternehmensgewinnen ist ein wesentlicher Auslöser für diese Kursschwankungen. Marktteilnehmer, ausgestattet mit fortschrittlichen Analyseinstrumenten, analysieren die Kommentare der Unternehmensleitung sehr genau, was zu schnellen Veränderungen in der Wahrnehmung des fairen Wertes eines Unternehmens führt.
Globale Unsicherheiten auf verschiedenen Ebenen verstärken die Volatilität. Zum einen ist die makroökonomische Unsicherheit gestiegen, wobei jeder US-Wirtschaftsdatensatz einen erheblichen Einfluss auf die Marktbewegungen ausübt. Während das vorherige Jahrzehnt von relativer wirtschaftlicher Stabilität und klaren globalen Trends geprägt war, kam es in den letzten Jahren häufiger zu Black-Swan-Events, beginnend mit der Pandemie, die das Vertrauen von Verbrauchern und Produzenten erschüttert hat.
Zum andern spielt die politische Dynamik inzwischen eine viel grössere Rolle bei der Unternehmensentwicklung. Branchen wie die Halbleiterindustrie, die auf nationaler Ebene oft als strategisch wichtig betrachtet wird, sind zunehmend von Sanktionen und politischer Einmischung betroffen, was Geschäftsentscheidungen und Unternehmensgewinne beeinflusst.
Schliesslich kann auch das Zusammenspiel makroökonomischer und politischer Faktoren nicht länger ignoriert werden. Selbst Unternehmen mit ausgezeichneten Finanzkennzahlen und erstklassigem Management müssen sich heute mit diesen externen Einflüssen auseinandersetzen, die zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Bewertungen geworden sind.
Unsere Antwort: Analysebasierter Ansatz mit Hilfe von KI
Wir sind uns der Marktveränderungen bewusst und reagieren darauf mit unserem erweiterten analytischen Quality Ansatz. Angesichts der gestiegenen Volatilität, der häufig vom Fair Value abweichenden Marktbewertungen und der zunehmenden Verfügbarkeit von generativer Künstlicher Intelligenz (GenAI) eröffnen sich neue Anlagemöglichkeiten. Wir konzentrieren uns weiterhin auf die Entwicklung fortschrittlicher Tools zur Quality-Analyse, die einen Mehrwert für den Anlageentscheidungsprozess bieten. Seit einiger Zeit beobachten wir Unternehmen mit B2C-Geschäftsmodellen mithilfe von Big-Data-Analysen ganz genau.
Im Hinblick auf unser Bestreben unsere analytischen Kompetenzen kontinuierlich zu vertiefen, haben wir ein Tool zur Überwachung von Gewinnmitteilungen entwickelt. Das Tool hilft dabei, die vom Management geäusserte Stimmung zu erkennen und den gesamten Markt effektiv zu durchleuchten. Durch die Kontextualisierung der Stimmungsbewertungen mit den Leistungsdaten haben wir eine starke Korrelation zwischen der Stimmung und der relativen Performance der Aktien eines Unternehmens in den folgenden drei Monaten festgestellt. Unternehmen mit einer kombinierten Stimmungsbewertung von 36-38 haben den Markt um 4,4 % pro Quartal bzw. 19 % pro Jahr übertroffen, basierend auf Daten aus den Jahren 2022-2024.
Abbildung 3: Höchste und niedrigste kombinierte Bewertungen von Earnings Calls und relative Performance
Die Daten und unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass sich die Aktienmärkte weiterentwickeln, wobei die Volatilität einzelner Aktien voraussichtlich hoch bleiben wird. Zwar wird sich der Marktwert letztlich an den fairen Wert angleichen, doch kann dieser Prozess aufgrund der erhöhten Sensitivität gegenüber Gewinnmitteilungen sowie makroökonomischen oder geopolitischen Verschiebungen einige Zeit in Anspruch nehmen. Im aktuellen Umfeld werden Unternehmen mit schwächeren Geschäftsmodellen intensiver überprüft, was die Bedeutung der Fundamentalanalyse unterstreicht. Diese Veränderungen bieten sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Die Anpassung an das neue Umfeld ermöglicht es uns, unsere Quality Strategien zu verfeinern und in einem volatileren Marktumfeld beständige Werte zu schaffen.
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Dieser Beitrag wurde ausschliesslich zu Informations- und Werbezwecken erstellt und stellt weder eine Aufforderung noch ein Angebot oder eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf von Anlageinstrumenten oder zur Tätigung sonstiger Transaktionen dar.