Gregor Mast, Presseartikel aus der Neuen Zürcher Zeitung
Der Private-Equity-Spezialist Partners Group verliert die Krone als bestes Qualitätsunternehmen der Schweiz. Er wird abgelöst von einem Klimatechniker. Weitere Namen in den Top-Rängen sind ASML, Novo Nordisk und Rational.
Partners Group ist nicht mehr das beste Qualitätsunternehmen der Schweiz – zumindest nicht, wenn es nach den Experten des auf Qualitätsanlagen spezialisierten Vermögensverwalters Hérens Quality Asset Management (HQAM) geht.
HQAM verleiht seit 2010 jährlich Excellence Awards an die qualitativ besten Gesellschaften der Welt. Gekürt werden die Landessieger für sämtliche wichtigen europäischen Märkte, die USA, Australien, Japan, China und Südkorea. Daraus rekrutieren sich der Welt- und der Europagewinner.
Honoriert wird ein hervorragender Leistungsausweis
HQAM prämiert Unternehmen, die dank guter Führung eine nachhaltig hohe Kapitalrendite erwirtschaften und solide finanziert sind. Dafür wird zunächst nach quantitativen Kriterien wie der Rendite auf das eingesetzte Kapital, dem Eigenkapitalanteil oder dem Verschuldungsgrad eine Vorauswahl getroffen.
Daraus kürt eine Jury aus vier Vertretern von HQAM und zwei Professoren – Dieter Pfaff von der Universität Zürich und Max Ringlstetter von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt –schliesslich die Sieger. Honoriert werden Gesellschaften mit einem hervorragenden betriebswirtschaftlichen Leistungsausweis über mehrere Jahre.
Auf der Länderrangliste der Top-Unternehmen (vgl. Tabelle unten) finden sich Namen wie Hermès (Frankreich), Novo Nordisk (Dänemark), ASML (Niederlande) oder TSMC (Taiwan).
Hohe wiederkehrende Einnahmen als Schlüssel zum Erfolg
Doch warum wurde Partners Group in der Schweiz entthront? Schliesslich hat der Privatmarktspezialist aus Baar den Award vier Mal in Folge gewonnen. Dank der Jagd nach Rendite ist ihm viel Kapital zugeflossen. Die lange Laufzeit von Private-Equity-Programmen sorgt für hohe wiederkehrende und gut absehbare Gebühreneinnahmen. Da das Geschäft wenig kapitalintensiv ist, resultieren stolze Renditen. Beides sind Merkmale vieler Qualitätsunternehmen.
«Wegen der höheren Verschuldung hat die Bilanzqualität von Partners Group abgenommen», sagt Diego Föllmi von HQAM. Das sei der Hauptgrund für den Verlust der Krone. «Partners Group ist aber nach wie vor ein Top-Qualitätsunternehmen, das zu den hundert Besten der Welt zählt», ergänzt er.
Belimo löst Partners Group ab
Der neue Schweizgewinner ist Belimo. Das Unternehmen aus Hinwil ist Weltmarktführer bei Antriebslösungen zur Regelung und Steuerung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen. Urbanisierung, Klimawandel und Regulierung sorgen für eine hohe Nachfrage nach intelligenten Kühl- und Heizsystemen. Dazu kommen Wachstumsmöglichkeiten im Bereich Wohnimmobilien, die bisher von Belimo nicht abgedeckt werden.
Die starke Marktstellung von Belimo zeigt sich in der Kapitalrendite und der operativen Marge, die beide konstant hoch sind – auch in schwierigen Zeiten wie der Finanzkrise (vgl. Grafik).
Belimo arbeitet hochprofitabel
Beide Grössen in %
Grafik: themarket.ch • Quelle: Bloomberg • Erstellt mit Datawrapper
Dazu ist die Bilanz von Belimo schuldenfrei. Das gesamte Fremdkapital beläuft sich auf 94,7 Mio. Fr. Dieser Betrag kann spielend aus der Kasse bezahlt werden, in der per Bilanzstichtag Ende Dezember 172,6 Mio. Fr. lagen. Dazu kommt dieses Jahr ein freier Cashflow, der von den Analysten auf 98,5 Mio. Fr. geschätzt wird.
Der gute Leistungsausweis von Belimo ist dem Markt nicht verborgen geblieben. Seit Anfang 2016 hat sich der Kurs mehr als verdreifacht. Die Valoren handeln in der Nähe des Allzeithöchst. Das gilt auch für die Bewertung: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis des für 2021 geschätzten Gewinns liegt auf 37 und damit weit über dem langfristigen Mittel von 24. Die Spitze wurde im Dezember bei 46 erreicht.
Europasieger aus Bayern
Eine hohe Bewertung ist der Grund, warum die Aktien von überragenden Unternehmen nicht zwingend ein gutes Investment sind. Das zeigt das Beispiel des europäischen Seriensiegers Rational. Der Küchenbauer aus Bayern ist Weltmarktführer für Grossküchen nach Mass, die von Restaurants, Kantinen, Spitälern, Heimen, Gefängnissen oder Kreuzfahrtschiffen geordert werden. Er wächst seit Jahren hochprofitabel. Wegen des coronabedingten Stillstands droht 2020
jedoch erstmals seit 2011 ein Gewinnrückgang.
Doch das Kursmomentum von Rational liess schon vor Corona nach. Seit Herbst 2017 tendieren die Valoren mehrheitlich seitwärts (vgl.Grafik). Damals handelten sie zu einem vorwärtsgerichteten KGV von 45. Weil Rational den Gewinn weiter steigern konnte, war das KGV bis Ende 2018 auf 31 gesunken, bevor die Titel 2019 nochmals deutlich avancierten.
Der Kurs von Rational stagniert seit 2017
Grafik: themarket.ch • Quelle: Bloomberg • Erstellt mit Datawrapper
Die gegenwärtige Unsicherheit hat auch Rational zugesetzt. Seit dem Höchst im Januar haben die Papiere 30% verloren. In schwierigen Zeiten hilft eine starke Bilanz, und die hat das Unternehmen. Es ist schuldenfrei.
«Wir haben keinen Zweifel, dass Rational unversehrt und womöglich wettbewerbsfähiger aus dieser Krise kommt», schreiben die Analysten der Deutschen Bank. «Für Anleger mit sehr langem Atem dürfte jetzt ein attraktiver Einstiegszeitpunkt sein.» Kurzfristig dominierten jedoch die konjunkturellen Risiken, mahnen sie.
Weltsieger bleibt unverändert
Weltsieger bleibt der amerikanische Finanzdienstleister SEI Investments. Das Unternehmen aus Pennsylvania bietet Vermögensverwaltern Backoffice-Dienstleistungen wie Fondsadministration, Reporting, Transaktionsabwicklung oder Compliance an und profitiert davon, dass in der Finanzbranche aus Kostengründen immer mehr Tätigkeiten an externe Anbieter vergeben werden.
Weil der Erfolg der Gesellschaft an der Entwicklung der Finanzmärkte hängt – die Einnahmen sind von der Höhe der betreuten Vermögen und der Aktivität der Kunden abhängig –, hat der coronabedingte Ausverkauf auch die Valoren von SEI Investments mitgerissen.
SEI Investments sind günstig
Im Gegensatz zu Belimo oder Rational waren die Titel aber schon letztes Jahr günstig, und sie sind es trotz des erwarteten Gewinnrückgangs immer noch. Das KGV für 2021 beträgt 17 und liegt damit unter dem langjährigen Mittel von 20. Aus Bewertungssicht steht bei SEI Investments höheren Kursen nichts im Weg.
Mit noch grösserem Abschlag zur eigenen Bewertungshistorie handeln einzig die Papiere der koreanischen NCSoft, die Onlinespiele entwickelt (vgl. Tabelle unten). Sie verfügt in Korea über eine grosse Fanbasis und möchte nach China und Südostasien expandieren. Das attraktive KGV von 16 für 2021 resultiert indes aus einem hohen erwarteten Gewinnwachstum.
Mit Kriegsspielen zum Erfolg
Um den menschlichen Spieltrieb geht es auch am anderen Ende des Bewertungsspektrums, und es wirkt wie ein Anachronismus: Mit dem höchsten Aufschlag zur eigenen Historie sticht die britische Games Workshop hervor, die Gesellschaftsspiele mit Fantasiefiguren vertreibt. Die Titel werden mit einen KGV von 31 gehandelt.
Blockbuster ist das Kriegs- und Strategiespiel «Warhammer 40’000», bei dem die Spieler ihre Figuren selbst zusammenbauen. Games Workshop verkauft den Bausatz sowie Leim, Farben, Pinsel und sonstiges Zubehör. Gemäss Wikipedia muss ein neuer Spieler mindestens 300 £ aufwenden, um genügend Figuren beisammenzuhaben.
Zudem vergibt Games Workshop Lizenzen. Eben wurde mit dem Videospielanbieter Frontier Developments eine Lizenzvereinbarung für das Spiel «Warhammer Age of Sigmar» getroffen. Bereits heute machen Lizenzgebühren 17% der Einnahmen aus, künftig sollen sie die Haupteinnahmequelle sein.
Wie die anderen Titel mit hohem Bewertungsaufschlag haben Games Workshop Potenzial, solange das Unternehmen operativ überzeugt. Enttäuschungen sind allerdings nicht erlaubt – sonst drohen auch den qualitativ besten Firmen Rückschläge, wie das Beispiel von Rational zeigt.