PE D.A.CH-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Diego Föllmi, Geschäftsführender Partner bei Hérens Quality Asset Management, über die Faktoren von Unternehmensqualität und den von Hérens Quality Asset Management kürzlich bereits zum 11. Mal verliehenen Corporate Excellence Award an Unternehmen für ihre betriebswirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
IPE D.A.CH: Herr Föllmi, Wirecard ist wahrscheinlich kein gutes Beispiel für Corporate Excellence, worauf achten Sie bei Ihrer Analyse und Auswahl?
Föllmi: Es gibt im Schatten von Skandalfällen wie Wirecard sehr viele Unternehmen die gut und nachhaltig wirtschaften. Die Idee beim Start des Awards im Jahr 2009 war, genau diese Unternehmen tiefgründig zu beleuchten, die besten zu identifizieren und im Rahmen eines Awards auch entsprechend zu würdigen. Das Universum und die Vorgehensweise hat sich natürlich weiterentwickelt, der Kern des Prozesses ist allerdings über die Jahre stabil geblieben.
IPE D.A.CH: Dazu gehört neben der quantitativen Analyse auch eine wissenschaftliche Jury. Wie sieht diese aus?
Föllmi: Die Jury setzt sich aktuell zusammen aus Prof. Dr. Dieter Pfaff von der Universität Zürich, Prof. Dr. Max Ringlstetter von der Universität Eichstätt-Ingolstadt sowie den Hérens Quality Asset Management Vertretern Markus P. Hepp, Dr. Philipp Weckherlin, Dmitry Baulin und meiner Person.
IPE D.A.CH: Wie sieht der Prozess dann weiterhin aus?
Föllmi: Der ganze Prozess basiert zunächst auf der jährlichen Unternehmens-Berichterstattung. Entsprechend starten wir etwa Ende März mit einem ersten Screening und analysieren in einem ersten Schritt mit unserem Researchteam in Riga die Kennzahlen und entsprechende Veränderungen. Diese Rankings führen wir für unterschiedliche Länder und auch Regionen durch. Der Vorschlag wird schließlich Anfang Mai in der Jury diskutiert und verabschiedet. Auf Basis der Gesamtdaten wird auch ein globaler Sieger gekürt, in diesem Jahr das US-Unternehmen SEI Investments.
IPE D.A.CH: Spielen ESG-Kriterien in diesem Rahmen auch eine Rolle?
Föllmi: Wir kommen hier aus der klassischen Kennzahlenanalyse und damit aus einer ganz anderen Richtung als ESG-Analysen. Dennoch sehen wir natürlich auch den Einfluss von ESG-Faktoren auf Unternehmen und damit letztlich auch auf ihre Kennzahlen. Aus unserer Beobachtung nehmen Unternehmen, die betriebswirtschaftlich sehr gut dastehen, bei ESG-Kriterien selten einen hinteren Platz ein – im Gegenteil.
IPE D.A.CH: Das deutsche Unternehmen Rational AG, ein Industrieküchenhersteller, ist bei Ihnen seit Jahren nicht nur in Deutschland, sondern oft auch für die Region Europa auf Platz 1 zu finden. Wie beständig sind die analysierten Unternehmen?
Föllmi: In der Top-Gruppe der Länder gibt es durchaus Bewegung, aber insgesamt sind die guten Unternehmen doch sehr beständig. Letztlich ist es auch das, was sie als Investor sehen möchten. Entsprechend achten wir auch bei den analysierten Kennzahlen auf Beständigkeit.
IPE D.A.CH: Ist ein Branchenbias zu erkennen?
Föllmi: Es gibt in der Tat einen gewissen Bias hin zu Unternehmen wie Sektoren bzw. Branchen wie Gesundheit, Pharma & IT. Diese Branchen konnten in den letzten Jahren überzeugen. Am unteren Ende findet man dagegen tendenziell den Finanzsektor.
IPE D.A.CH: Welche Trends sehen Sie ansonsten über die vergangenen Jahre?
Föllmi: Ganz interessant ist der Blick auf die Regionen. Europäische Unternehmen sind gegenüber ihrem Anteil im MSCI World beim Thema Corporate Excellence eher unterrepräsentiert. Gerade die letzten zwei Jahre war die Anzahl der „guten“ Firmen aus Europa deutlich rückläufig. Zulegen konnten dagegen Unternehmen aus den Emerging Markets und insbesondere auch Japan.
IPE D.A.CH: Wie groß sind dann die Unterschiede innerhalb Europas?
Föllmi: Die Unterschiede sind durchaus massiv, selbst unter den Gewinnern. So ist beispielsweise der Gewinner in Belgien – Lotus Bakeries NV – nur auf Platz 123 in der europäischen Auswertung. Da gibt es große Unterschiede in der Qualitätstektonik von Land zu Land.
IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke!